Cornel Schmitt - ein begnadeter Reformpädagoge und Naturschützer
Cornel Schmitt Aufnahme aus den 20er Jahren
Als der
dreizehnjährige Lehrersohn Cornel Schmitt aus Marktheidenfeld sich 1887
um die Aufnahme in die Lohrer Präparandenschule bewarb, deutete
zunächst wenig darauf hin, dass er einmal zum bedeutendsten
Schulreformer und Vorkämpfer des modernen Naturschutzes in Unterfranken
im 20. Jahrhundert werden würde.
„Spital (Krankenhaus) u. Präparandenschule“ (rechtes
Gebäude) , um 1908 in der Haaggasse (heute:
Grafen-von-Rieneck-Straße)
Nach dem Besuch
des Würzburger Lehrerseminars, den anschließenden üblichen
„Wanderjahren“ als Hilfslehrer und verschiedenen Einsätzen als
Seminarhilfslehrer und Präparandenlehrer, bewarb sich Cornel Schmitt
1909 mit Erfolg um die vakante Schulleiterstelle an der Lohrer
Präparandenschule.
Nun hatte er
die Möglichkeit, den gesamten von ihm als Schüler erlebten autoritären
und unpädagogischen Schulbetrieb entsprechend zu verändern.
So war ich einst, so bin ich jetzt...
In den
Mittelpunkt der didaktisch-pädagogischen Arbeit stellte er „Heimat als
Unterrichtsprinzip“. Im Deutschen wurde nun auch die Pflege der Mundart
betrieben, in der Musik erhielt das Volkslied eine besondere Bedeutung,
vor allem aber stellte Cornel Schmitt in der Naturkunde die
unmittelbare Anschauung in den Mittelpunkt seines Unterrichts, und wann
immer es möglich war, erfolgte der Unterricht in der Natur. „Heraus aus
der Schulstube!“ war der Erziehungsgrundsatz Nummer 1 des
Reformpädagogen Cornel Schmitt. Die Schüler sollten durch eigene
Beobachtungen in der freien Natur Erkenntnisse sammeln, und hier bot
sich vor allem der Romberg in Sendelbach als ein Paradies für die
Naturbeobachter an, „damals ein landschaftliches Idyll und eine Stätte
ungestörten Friedens“, wie die Lohrer Zeitung in den „Erinnerungen an
Cornel Schmitt“ am 29. Januar 1954 schrieb. Dazu gehörte auch der
Schutz der Natur vor den zerstörerischen Kräften des Menschen.
So war ich einst, so bin ich jetzt...
Als nach dem
ersten Weltkrieg die Lehrerbildung neu ausgerichtet und die
Lehrerseminare in Lehrerbildungsanstalten aufgewertet wurden, hatten
die Präparandenschulen ausgedient und wurden schließlich aufgelöst.
Nach der Schließung der Lohrer Schule 1923 wurde Cornel Schmitt als
Studienrat an die Lehrerbildungsanstalt Würzburg versetzt. Am 13.
Januar 1958 starb der weit über die Grenzen Unterfrankens hinaus
bekannte und geschätzte Pädagoge in Würzburg.
Er bleibt in
der Erinnerung ein Lehrer, der die pädagogischen Strömungen seiner Zeit
vorbildlich im Unterricht und in der Lehrerbildung umsetzte und zum
leidenschaftlichen Vorkämpfer des modernen Naturschutzgedankens wurde.
„Die Präparanden des III. Kurses 1890/91“; hintere
Reihe rechts außen: Cornelius Schmitt.
Im Lohrer Schulmuseum erinnert eine Vitrine im Treppenhaus an sein Wirken.
„Die Sünde
wider die Natur“, Auszüge aus dem Lesebuch von Cornel Schmitt „Von
unseren Brüdern in Busch und Wald, Teil VI, Naturschutz 1928:
„Daß unsere
Heimat ein milder und fruchtbarer Garten ist, verdanken wir wahrlich
nicht zuletzt den Bäumen und dem schwarzblauen Band der Wälder, die zum
Glück zur Staffage fast jeder deutschen Landschaft gehören.
Wir können es
gar nicht ermessen, welches Unglück es bedeuten würde, wenn unserem
Lande dasselbe Schicksal widerführe, das einst Frankreich verschuldete,
als es nach seiner großen Revolution fast waldlos dastand. Drei
Millionen Hektar Wald ließ eine wahnwitzige Spekulantenschar damals
fällen und schädigte damit das Land so, daß es noch heute, nach mehr
als hundert Jahren, jährlich für hundert Millionen Franken Holz vom
Ausland kaufen muß, und anderthalbmal so viel ausgab, um in dem
fanzösischen Teil der Alpen wenigstens das Ärgste an den Strafen
gutzumachen, mit denen die Natur Waldfrevel ahndet.
Auf die Sünde
wider die Natur ist Todesstrafe gesetzt. Die Landschaft erstarrt, wo
man sie ihres schönsten Schmuckes beraubt. Der Süden Europas ist ein
warnendes Beispiel für jene, die nicht daran glauben wollen, daß die
Natur strafen kann. In den südlichen Alpen begann dieses Sühnegericht
erst vor wenigen Jahrhunderten; die leblosen Einöden Syriens und der
griechischen Berge beweisen, daß oft Jahrtausende nicht mehr gutmachen
können, was ein Geschlecht versündigt hat.
Die Erfahrungen
an den entwaldeten Abhängen der provencalischen Berge haben erst in den
letzten Jahrzehnten das Schulbeispiel gelieferte wie sich die
Entwaldung der Gebirge rächt. So verstehen wir, warum in Südtirol, in
der Schweiz, auf dem Apennin Gegenden von einst sprichwörtlicher
Üppigkeit steinige Wüsten geworden sind.
Der
französische Bericht über der Zustand der Alpen der Provence, die man
durch systematische Entwaldung zugrunde gerichtet hat, gibt mit trocken
einfachen Worten ein erschütternd anschauliches Bild davon. Er sagt:
Man kann sich in unseren gemäßigten Gegenden gar keinen Begriff von
diesen brennenden Bergschluchten machen, wo es nicht einmal einen Busch
gibt, um einen Vogel zu schützen, wo der Reisende nur da und dort einen
ausgetrockneten Lavendelstengel findet, wo alle Quellen versiegt sind,
wo ein düsteres, kaum vom Gebrumm der Insekten unterbrochenes Schweigen
herrscht. Aber da bricht plötzlich in der Schwüle ein Gewitter los. Und
dann wälzen sich in einem Nu in diesen geborstenen Becken von der Höhe
der Berge Wassermassen herab, die verwüsten, ohne zu befeuchten, die
überschwemmen, ohne zu erfrischen, und die den Boden durch ihre rasch
vorübergehende Erscheinung noch öder machen, als er durch das
Ausbleiben war. Der Mensch zieht sich notgedrungen aus diesen
schauerlichen Einöden zurück, und die Ortschaften werden verlassen...“
Auszüge aus „Naturliebe mein Unterrichtsziel“, von Cornel Schmitt, 1922, Verlag von Datterer, Freising und München:
„Alle Anordnungen,
Polizeimaßnahmen, Gebote und Verbote des Staates aber bleiben
ergebnislos, verpuffen, wenn nicht frühzeitig der Hebel angesetzt wird.
Der Lehrer ist`s, an den wir uns wenden.
Es soll ihm keine neue Last
aufgebürdet werden. Wenn seine Belehrungen nur von dem Geist warmer
Naturliebe beseelt sind, muß und wird der Funke überspringen vom Lehrer
zum Schüler (…) Unsere alte Schule und leider auch noch recht viele in
unserer sehr realen Zeit kannte bzw. kennt nur den einen Maßstab, der
an Tier und Pflanze angelegt wurde: Ist das Ding nützlich, schadet es
mir? Das stammt von der Zeit her, wo der Mensch sich als Mittelpunkt,
als Nabel der Welt betrachtete. Aufgabe der heutigen Schule muß es aber
sein, diesen Nützlichkeitsstandpunkt zu veredeln und Aufklärung zu
schaffen, daß nichts überflüssig und zwecklos ist, und das alles
ineinandergreift.(...) Das Ziel unseres Unterrichts steht höher, nicht
weil die Naturdinge unserem Geldbeutel, unserer Gesundheit und unserem
Wohlergehen nützen, sondern weil sie unseren Geist und besonders unser
Gemüt auf eine höhere Stufe heben. Das ist die Domäne des
Naturwissenschaftlichen und des Deutschunterrichts.“