Sonderausstellung des Schulmuseums Lohr im Fischerhaus
am Kirchplatz vom 6. Dezember 2020 bis 5. April 2021
Die Bibel in der Schule
Priesterweihe Schulwandbild um 1910 und Primizkränzchen zum Silbernen
Priesterjubiläum am 26. August 1942 für Pfarrer Richard Höfl
Die neue
Sonderausstellung des städtischen Schulmuseums findet vom 6. Dezember
2020 bis 5. April 21 im Erdgeschoss des Fischerhauses
am Kirchplatz statt. Solange Museen und Galerien
geschlossen sind, ermöglichen die großen Schaufenster dort eine
Ausstellung sozusagen
im Vorübergehen, natürlich besonders interessant auch für Gottesdienstbesucher auf ihrem Weg zur Kirche.
Sobald eine Öffnung wieder erlaubt ist, kann man die Ausstellung
an allen Sonn- und Feiertagen zwischen 14:00 Uhr und 16:00 Uhr kostenlos besuchen.
Zahlreiche, teilweise schon über 100 Jahre alte Schulwandbilder aus dem reichen Bestand des Lohrer Schulmuseums erzählen
vom Alten Testament bis zum Leben und Wirken Jesu, sowie der Kreuzigung und Auferstehung.
Kurze Texte helfen auch nicht bibelfesten Betrachtern das Bild zuzuordnen.
Verkündigung der Geburt des Johannes Schulwandbild um 1885
Ein Kontrast zu den größtenteils ernsten und düsteren Schulwandbildern
sind die Kinderzeichnungen, die der Lehrer Karl Vitus Heller
an der einklassigen Volksschule Hofstetten (bei Gemünden) in den 60er Jahren im Fach Religion anfertigen ließ.
Liebevoll gestaltete, farbenfrohe Zeichnungen zeigen,
Schülerbild 1960 Volksschule Hofstetten Erschaffung der Erde
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Jesus der göttliche Kinderfreund aus der katholischen Schulbibel
für Bayerns Schulen 1939
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wie sich Kinder vor ca. 60 Jahren z.B. die Erschaffung der Welt, die
Vertreibung aus dem Paradies oder das Jesuskind in der Krippe
vorgestellt haben.
Dabei gelang es Herrn Heller in beeindruckender Weise, die Kinder durch
Schauen, Betrachten und Abbilden emotional an die Bibel heranzuführen.
Dieser pädagogische Schatz wurde dem Schulmuseum bereits vor etwa 30 Jahren von seinem Sohn Gerhard Heller
(damals Schulleiter der Volksschule in Steinfeld) überlassen und wird nun erstmals in der Öffentlichkeit gezeigt.
Schulwandbild um 1915 Krankensalbung und davor die häusliche Versehgarnitur
In der Schulstadt Lohr wurde bis in die 70er Jahre hinein in den
öffentlichen Schulen mehrheitlich katholischer Religion unterrichtet,
evangelische Schüler wurden für den Religionsunterricht in eigenen
Klassen zusammengefasst und teilweise in Privaträumen unterrichtet.
Schulwandbild um 1910 Das Sakrament der Ehe und davor Brautkranz und Eheringe auf dem runden Kissen
Die in den Vitrinen ausgestellten Religionsbücher sowie weitere Exponate runden die Ausstellung ab und zeigen dem Besucher,
dass dem Fach Religion im früheren Unterricht ein wesentlich höherer
Stellenwert und zeitlicher Rahmen eingeordnet wurde als heute.
(Text und Fotos: Bettina Merz, Mitarbeiterin im Schulmuseum)
Schulwandbilder für den Religionsunterricht
Ein Gastbeitrag des Pädagogikprofessors i.R. und Gründers des Saarländischen Schulmuseums Horst Schiffler
Schon im Mittelalter war religiöse Unterweisung mit Bildern verbunden, die reiche Bilderwelt der Kirchen war für Erwachsene
und Kinder Informations- und Merkhilfe. Auch das Bildangebot illustrierter Handschriften diente dem Scholasticus,
dem Lehrer der Klosterschule, als Anschauungsmittel im Unterricht. Die Erfindung des Buchdrucks am Beginn
der Neuzeit mit seiner Möglichkeit, Holzschnittbild und Text in einem Druckvorgang auf das Papier zu bringen,
eröffnete auch für die Didaktik neue Möglichkeiten, und so erscheinen schon bald illustrierte Unterrichtswerke.
Eine neue Qualität erhielt das Lernen mit Bildern durch das 1658 in Nürnberg gedruckte Schulbuch des Johann Amos Comenius
„Orbis Sensualium Pictus“, „Die sichtbare Welt“, in dem Bilder
als Lernmittel eine zentrale Rolle einnehmen; sie veranschaulichen
nicht nur ein Stück Wirklichkeit, sondern verweisen auch auf
Zusammenhänge, dienen dem Sprachenlernen und unterstützen das
Einprägen der Buchstaben. Im 18. Jahrhundert bietet der Pädagoge Johann Bernhard Basedow in seinem „Elementarwerk“
einen umfangreichen Bilderkanon aus Kupferstichen, die nach seiner Meinung für eine elementare Bildung notwendig sind.
Damit die kleinen Darstellungen auch im Klassenunterricht eingesetzt werden können, regt er an, sie von einem ortsansässigen
Maler in einem größeren Format kopieren zu lassen. Eine Voraussetzung für die Herstellung von großen Bildformaten,
die für den Klassenunterricht geeignet und auch für ärmere Schulen erschwinglich waren, entstand erst durch die Erfindung
neuer Drucktechniken, wie der Lithographie am Ende des 18. Jahrhunderts. Bis geeignete Bilder für den Religionsunterricht
von Verlagen angeboten wurden, dauerte es aber noch einige Jahrzehnte. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts erschienen
im Herder-Verlag Freiburg vierzig biblische Darstellungen aus der Herder`schen Bilderbibel in vergrößerten Einzelblättern.
1875 förderte das preußische Kultusministerium den Druck von 30 Wandbildern für den Religionsunterricht nach
Vorlagen der Bibelillustrationen des damals sehr angesehenen Malers Julius Schnorr von Carolsfeld; etwa zur gleichen Zeit
begann der Schreiber Verlag in Esslingen mit der Herausgabe von drei
Serien mit insgesamt 170 preislich günstigen farbigen Bildern
zu biblischen Themen. In der Folge nahmen weitere Schulwandbildverlage religiöse Motive in ihr Programm auf. Auch die
Didaktik des Religionsunterrichts erkennt nun den Wert solcher Bilder, widmet deren Einsatz eigene Überlegungen und
methodische Anregungen und beansprucht Einfluss auf ihre Gestaltung. Diese unterliegt auch den stilistischen Veränderungen
der Kunst, was sich besonders ab der Mitte des 20. Jahrhunderts in Anklängen an Formen moderner Kunstrichtungen zeigt.
Mit der raschen Entwicklung technischer Unterrichtsmedien in der jüngeren Vergangenheit gerieten Schulwandbilder in allen
Fächern auf den Rückzug und das Anschauungsmittel, das mehr als hundert Jahre seinen Anteil an gutem Unterricht hatte,
ist auch aus dem Religionsunterricht verschwunden. zurück zur Startseite